Globaler Klimaschutz

  • Search07.04.2025

Füllt China die Lücke, die Trump aufreißt?

Die Volksrepublik ist noch immer der größte Klimasünder der Welt. Doch in der Klimadiplomatie gilt Peking als zuverlässiger Partner. Das könnte sich jetzt gleich doppelt auszahlen.

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    In China kommt der Ausbau erneuerbarer Energien rasant voran. Kann das Land die Lücke im Klimaschutz füllen, die US-Präsident Donald Trump reißt?

    Solarkraftwerk in der Provinz Qinghai: Kein Land der Welt baut die erneuerbaren Energien schneller aus als China.

     

    Von Jörn Petring, Peking

    Der erneute Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaabkommen schafft ein Machtvakuum in der globalen Klimadiplomatie – China verschwendet keine Zeit, es zu füllen. Unmittelbar nach dem Amtsantritt von Donald Trump und dem zugleich verkündeten Ausstieg aus dem Klimaabkommen präsentierte sich China beim Wirtschaftsforum in Davos als die Großmacht, auf die in Klimafragen wirklich Verlass ist.

    Chinas Vize-Ministerpräsident Ding Xuexiang bekräftigte, dass sein Land die Ziele des Pariser Abkommens nicht nur weiterverfolgen, sondern noch „größere Beiträge“ im Kampf gegen die globale Erwärmung leisten wolle. Beim Pekinger Volkskongress, dem wichtigsten politischen Treffen des Jahres in China, wurde diese Haltung Anfang März noch einmal unterstrichen.

    China werde sich „aktiv an der globalen Umwelt- und Klimapolitik  beteiligen und diese mitgestalten“, sagte Ministerpräsident Li Qiang vor den Delegierten. In den Staatsmedien wird seit Wochen das immer gleiche Narrativ transportiert: Wenn die USA ausfallen, steht China bereit, die Lücke gemeinsam mit anderen Staaten zu füllen.

    Peking will vom US-Rückzug profitieren – politisch, aber auch ökonomisch

    Während die USA „einen Schritt zurück“ machen, würden einige Entwicklungsländer nun „einen Schritt nach vorn machen, größere Verantwortung übernehmen und mehr zum globalen Klimaprozess beitragen“, schreibt etwa die Tageszeitung „Global Times“. Auch die „China Daily“ argumentiert, dass der US-Ausstieg letztlich Chinas Rolle stärken werde. China investiere massiv in saubere Energie und könne dadurch zum „unangefochtenen Führer“ der globalen grünen Wirtschaft aufsteigen.

    Schnell wird klar: Für Peking soll sich der US-Ausstieg sowohl politisch als auch wirtschaftlich auszahlen. Schon jetzt sind auf geopolitischer Ebene die ersten positiven Wendungen für Peking sichtbar. So mag das Verhältnis zur EU generell angeschlagen sein, doch zumindest in Klimafragen scheinen sich beide Seiten zusammenzuraufen. Gerade erst gaben die Außenminister Frankreichs und Chinas eine gemeinsame Klima-Erklärung ab, in der beide Seiten betonen, dass „das Zurückweichen bestimmter Länder … unsere Entschlossenheit und unser Handeln nur stärken wird“.

    Der Ausbau der erneuerbaren Energien in China ist so hoch wie nie zuvor. Infografik: Benedikt Grotjahn

    Auch im Verhältnis zum Globalen Süden bringt der US-Ausstieg China noch mehr Zuspruch als ohnehin schon ein. Bereits bei der Klimakonferenz COP29 in Baku im vergangenen November trat China ungewöhnlich kooperativ auf und vermittelte zwischen verärgerten Delegationen aus Indien, Afrika, Saudi-Arabien und den Inselstaaten. Dies hat Chinas Ansehen bei den Entwicklungsländern gesteigert und Allianzen gefestigt.

    China gilt als inoffizieller Sprecher der G77-Gruppe, die über 130 Entwicklungsstaaten umfasst. Nach dem US-Ausstieg, so glauben Klima-Experten, dürften diese Länder noch enger mit China kooperieren. Auch innerhalb des BRICS-Bündnisses gilt es für China, teils weit auseinanderliegende Positionen zu einen. Während China, Indien, Südafrika und Brasilien verstärkt in erneuerbare Energien investieren, setzt Russland weiterhin auf fossile Brennstoffe. Moskau gilt als Bremser. Diese unterschiedlichen Prioritäten erschweren die Formulierung gemeinsamer Klimaziele.

    Der nächste Klimagipfel steigt in Brasilien. China bringt sich schon in Stellung

    Die Tatsache, dass die nächste Klimakonferenz COP30 im November 2025 im brasilianischen Belém stattfinden wird, ermöglicht es China, eng mit dem Gastgeberland zusammenzuarbeiten. Bereits jetzt koordinieren Peking und Brasília ihre Diplomatie, um diesen Gipfel zu einem Erfolg zu machen, berichten Diplomaten in Peking.

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    China wird die Zusammenarbeit mit anderen wichtigen Akteuren der internationalen Klimapolitik intensivieren, um den Klimaschutz und die Energiewende weltweit zu stärken

    Gao Yuhe, Projektleiterin bei Greenpeace in Peking

    Selbst Umweltaktivisten, die sonst eher kritisch auf die politischen Akteure blicken, schöpfen aus dem chinesischen Engagement Hoffnung. „China wird die Zusammenarbeit mit anderen wichtigen Akteuren der internationalen Klimapolitik intensivieren, um den Klimaschutz und die Energiewende weltweit zu stärken“, sagt Gao Yuhe, Projektleiterin im Pekinger Büro von Greenpeace, gegenüber EnergieWinde. Jedoch gehe es dabei auch um handfeste wirtschaftliche Interessen.

    Sowohl die Zentral- als auch die Lokalregierungen in China hätten in der Entwicklung sauberer Energie einen neuen Wachstumsmotor ausgemacht. Entsprechend werde Chinas ambitionierteres Klimaengagement zu einem Katalysator für die eigene Wirtschaft.

    Solarpark im Dorf Xiaxi in der Stadt Taizhou in der ostchinesischen Provinz Jiangsu: Das Projekt verbindet Photovoltaik und Fischerei.

    Zwischen den Paneelen dieses Solarparks in der Provinz Jiangsu werden Fische gezüchtet. Das Projekt soll die Interessen der Energie- und der Agrarwirtschaft verbinden.

    Tatsächlich hat China massiv in grüne Technologien investiert und verfügt über eine enorme industrielle Basis in diesem Sektor. Die Regierung in Peking unterstützte die heimische Industrie mit Milliardensubventionen und schuf so Konzerne, die den globalen Markt für grüne Technologien dominieren. Die weltweite Nachfrage nach erschwinglichen, klimaschonenden Technologien bietet China Exportchancen.

    Auf der „grünen Seidenstraße“ drängt China in die Welt – und hängt die USA ab

    Viele Länder, insbesondere in der sich entwickelnden Welt, benötigen kostengünstige Lösungen für ihre Energiewende. Die Chinesen wissen das zu nutzen. Längst hat Peking seine Initiative für eine Neue Seidenstraße um eine „grüne Seidenstraße“ erweitert und investiert im Globalen Süden verstärkt in erneuerbare Energien und Umweltprojekte. Jetzt, mit einem klimaskeptischen Präsidenten im Weißen Haus, sieht Peking die Chance, seinen Vorsprung zu zementieren.

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    China wird neue Projekte für erneuerbare Energien in den südlichen Ländern nun umso stärker fördern

    Qian Feng, Taihe Institute

    „China wird neue Projekte für erneuerbare Energien in den südlichen Ländern nun umso stärker fördern“, sagt Qian Feng, ein chinesischer Experte für internationale Beziehungen von der Pekinger Denkfabrik Taihe Institute, gegenüber EnergieWinde.

    Der Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen könne jedoch auch trotz Chinas starken Engagements spürbar negative Auswirkungen haben, warnt Qian. So bestehe die Gefahr, dass andere Staaten es Washington gleichtun und ebenfalls ihre Ambitionen beim Klimaschutz zurückschrauben.

    Die Energiepolitik hat zwei Gesichter. Noch immer baut China Kohlekraftwerke

    Um wirklich eine Führungsrolle einzunehmen, müsste allerdings auch China selbst an seiner Klimabilanz arbeiten. Trotz aller Fortschritte sehen Beobachter Chinas bisherigen Kurs teils kritisch und warnen vor Greenwashing. So lässt Peking weiterhin massiv Kohlekraftwerke bauen: Allein 2024 wurde der Bau von Meilern mit einer Gesamtleistung von 94,5 Gigawatt begonnen – das sind rund 93 Prozent aller weltweit neu gestarteten Kohlekapazitäten. Zudem fließt chinesisches Geld auch im Ausland noch in fossile Projekte. Solche Widersprüche zwischen Rhetorik und Realität untergraben den Führungsanspruch. Klimaschützer monieren, China betreibe Imagepflege, während die Emissionen weiter steigen.

    Chinas Energiepolitik hat zwei Gesichter: Zwar investiert das Land massiv in Erneuerbare, gleichzeitig aber auch in Kohlekraftwerke.

    Kohlehalden in der Provinz Jiangxi: Der Zenit der chinesischen Emissionen soll spätestens 2030 erreicht sein.

    „Kann China glaubwürdig als weltweiter Vorreiter im Klimaschutz gelten, wenn es zugleich der größte CO₂-Emittent der Welt ist?“, fragt Taylah Bland von der Denkfabrik Asia Society in einer aktuellen Analyse. „China muss beweisen, dass es seinen Worten auch Taten folgen lässt“, meint Bland. Noch immer sei das Land für mehr als die Hälfte der weltweiten Kohlenachfrage verantwortlich.

    Chinas Emissionen steigen – doch das könnte sich schon bald ändern

    Pekings offizielles Ziel ist es, bei seinen Emissionen bis 2030 den Höhepunkt zu erreichen und bis 2060 klimaneutral zu sein. Viele Experten glauben jedoch, dass der Höhepunkt bereits dieses Jahr oder 2026 erreicht werden könnte. „Größere nationale Verpflichtungen zur Emissionssenkung und ein beschleunigter Fortschritt hin zur Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens könnten Chinas Glaubwürdigkeit stärken“, meint Bland.

    Dem stimmt auch Greenpeace-Expertin Gao Yuhe zu: China müsse sich schneller als bisher vorgesehen von seinen Kohlekraftwerken abwenden und so anderen Ländern ein „Beispiel für die Dekarbonisierung von Elektrizität“ geben.

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